Seit Jugendtagen bin ich vom großen Thema der sogenannten Geheimgesellschaften fasziniert. Genannte Faszination wurde vermutlich durch den ersten Besuch des österr. Freimaurermuseum im Stift Rosenau (einstige Loge des Graf C. von Schallenberg), unweit der Stadt Zwettel gelegen, bei mir angelegt, welches ich in meiner Jugend erstmals besuchte, mich damals sehr beeindruckte und meine Phantasie und Neugierde anregte. Die lange Auflistung prominenter Mitglieder des Männerbundes, welche vor allem aus Bereichen Politik, Kunst und Kultur kommen, hat mich dabei sehr erstaunt. Selbigen Geheimgesellschaften ist zumeist gemein, dass sie für Aussenstehende naturgemäß nur sehr schwer durchschaubare Ziele verfolgen, strafe Hierachien aufweisen, Erkenntnis, Weisheit, gar Erleuchtung versprechen, sich auf alte überlieferte Rituale, Symbole etc. berufen, oft von Mythen und Legenden umrankt sind und einen Schulungsweg vorgeben, der durch Pflichten, Initiationen und Ritualen gekennzeichnet ist und zumeist in der Tradition alter Mysterienschulen steht.
Nachdem ich mich in meinen Zwanzigern intensiv mit der Bewegung der Rosenkreuzer auseinandersetzte und hier einige Kontakte mit unterschiedlichen Organisationen und Richtungen knüpfte, wandte ich mich schließlich Mitte 30 den Freimaurern zu, um Näheres über den mächtigen Männerbund aus erster Hand – von Mund zu Ohr sozusagen – zu erfahren. Obwohl mich die Rosenkreuzer – durch Schriften und Bücher von R. Steiner, H. Kunrath, der Fama Fraternitatis, der chymischen Hochzeit des C.Rosenkreutz etc.. inspiriert – grundsätzlich in Ihrer abendländischen Tradition und langen Geschichte ansprachen, musste ich nach Kontakten, div. Seminaren zu Themen wie bspw. Alchemie und Hermetikund und Studium der unterschiedlichen Organisationen feststellen, dass selbige Organisationen, die sich alle auf den – nur fiktiven – Gründervater „Christian Rosenkreutz“ beriefen, geradezu sektenartige Strukturen aufweisen und – für mich jedenfalls – allesamt den penetranten Charme einer „New-Age-Esoterik“ versprühen, welcher an Authentizität und Glaubwürdigkeit vermissen lässt und mit wahrer Mystik aus meiner Sicht wenig am Hut hat. Auch wurde mir klar, dass beinahe alle Organisationen global tätig sind, oft in unausgesprochener Konkurrenz zueinander stehen, mitunter widersprüchliche Ziele verfolgen und am kommerziellen Erfolg – der profanen Welt – nicht minder uninteressiert sind, da stetig beachtliche Reichtümer, Immobilien, Liegenschaften sowie Macht und damit gesell. Einfluss angehäuft wird.
Wie gesagt knüpfte ich Mitte Dreißig erste Kontakte zu Freimaurern, nachdem ich mich hier eingelesen hatte und in eine neue Gedankenwelt eingetaucht war, die meine Neugierde beflügelte. Mein erster persönlicher Kontakt mit Brüdern einer regulären Wiener-Loge fand schließlich im Atelier eines „Künstlers“ statt, welcher seine Kunden offenbar überwiegend aus den eigenen Reihen rekrutierte, nachdem seine ausgestellten Werke ausschließlich aus düsteren, überwiegend in schwarzer Farbe gehaltenen Schüttbildern und auf mich merkwürdig wirkende Totenkopfskulpturen bestanden. Die Veranstaltung war derart gestaltet, dass Interessierte erste Informationen über die Bruderschaft, den Logenaufbau, der Logenarbeit und (alte)Pflichten eines Bruders erhielten und die Gelegenheit geboten wurde Fragen zu stellen. Natürlich wurde auch von den Brüdern Fragen an die potentiellen Novizen vs. Lehrlinge gestellt, im Besonderen ist mir hier die Frage nach der beruflichen Position und dem Namen des Brötchengebers in Erinnerung geblieben. Nachdem ich bei dieser Gelegenheit – höflich aber bestimmt – auch einige eher kritische Fragen stellte, was den Brüdern sichtlich missfiel, wurde mir in weitere Folge mitgeteilt, dass ich für die Aufnahme in besagter Loge nicht in Frage komme. Da ich aber echtes Interesse bekundete und durch meine zahlreichen Fragen zur „königlichen Kunst“ offenbar zu verstehen gab, dass ich mich ernsthaft mit der Materie beschäftige, wurde ich schließlich an eine andere Loge verwiesen.
Per E-Mail stellte ich in der Folge erste Kontakte zu einem anderen Bruder der Bruderkette her, welcher – wie sich später herausstellen sollte – einer noch relativ jungen Loge vorstand bzw. Meister vom Stuhl selbiger Loge war. Nach einigen Wochen der E-Mail-Korrespondenz, die sich augenscheinlich streng an maurerischer Zahlenmystik orientierte, da E-Mails nur an gewissen Tagen versandt wurden und dadurch oft große Pausen entstanden, wurde schließlich ein persönliches Treffen in einem bekannten Wiener Innenstadtcafe vereinbart. Natürlich war ich sehr gespannt, was mich bei diesem persönlichen Treffen erwarten würde und so war ich Tage vor dem Treffen in euphorischer Stimmung, die meine Phantasie beflügelte – wie auch bei erwähnten anderen Begegnungen mit Mitgliedern von „Geheimgesellschaften“ war ich stets von echtem Interesse getrieben, gut vorbereitet, versuchte stets unvoreingenommen und möglichst offen zu sein und freundschaftliche Bande zu knüpfen – ohne mich grob verbiegen zu müssen – und war grundsätzlich nie von dem Motiv geleitet einfach nur zu einem Bund dazugehören zu wollen oder dereinst gar einer vermeintlichen „Elite“ angehören zu wollen.
Nachdem mich das Thema der sogenannten „Geheimlehren“ seit meiner Jugend interessierte, war ich wohl von dem eher unbewussten Wunsch getrieben einen echten Lehrer, geistigen Ziehvater, wahren Mystiker kennenzulernen, der mich möglicherweise in alte Traditionen einweihen könnte. Leider entsprach auch genannter Meister vom Stuhl so gar nicht meinen Vorstellungen von einem authentischen, charismatischen Lehrmeister. Auch wenn ich bei genanntem Treffen einige Informationen aus erster Hand erfuhr und in der Folge weitere „intime Belehrungen“ über den Bund erhielt, wurde mir zunehmend bewusst, dass ich offenbar einer Nostalgie vs. falschen Romantik nachhing, welche nichts mit der Realität zu tun hat. Nachdem ich Tage später über Begegnungen mit Vertretern von Geheimgesellschaften grübelte und Erlebtes Revue passieren ließ, wurde mir zunehmend bewusst, dass sich begegnete Persönlichkeiten mir gegenüber gerne im Licht einer gewissen Erhabenheit und Unnahbarkeit präsentierten, jedoch mir wichtige Eigenschaften wie Menschlichkeit, Herzlichkeit, Empathie und Sympathie vermissen ließen und augenscheinlich sehr „linkshirnig gesteuert“ bzw. kühl und rational zu sein schienen (Stichwort: Kontrolle vs. Okkultismus). Damit wurde mir klar, dass weitere Annäherungen überflüssig sind, nachdem ein für mich wichtiger Baustein gefunden war und meine anfänglich wertfreie, positive Grundhaltung nach weiterführenden Recherchen zunehmend einem unguten Bauchgefühl wich.
Eine zentrale Metapher in der Freimaurerei ist ja jene des „unbehauenen, rauen Steins“, welcher symbolisch für den von niederen Trieben, Leidenschaften, Verwirrungen, Erfolgen sowie Niederlagen gebeutelten „gewöhnlichen Menschen“ steht, dem es grundsätzlich an Tiefgang und Kenntnis fehlt, der jedoch stetig – durch freimaurerische Rituale unterstützt – an sich arbeiten kann, um sich kontinuierlich zu verbessern, um sukzessive höhere Weihen zu empfangen, jedenfalls ein besserer Mensch wird. Erkannte parallelen in Schul-, und Ausbildungssystem sind natürlich reiner Zufall – wir sind also grundsätzlich minderwertig, doch es besteht Hoffnung, da wir etwas aus uns machen können…..
Der zweite Teil der Metapher wird durch einen Kubus vs. Würfel symbolisiert, welcher vom „ordinären Stein“ in ein formvollendetes Meisterwerk transformiert ist. Damit sind Werte impliziert wie vor allem Perfektionismus, Kontrolle, Disziplin, Beherrschtheit, Symmetrie und Macht. Sind das nicht genau jene Werte, die in einer von kühlen Rechnern und Technokraten beherrschte „normierten Welt“, die zunehmend aus den Fugen gerät, vertreten sind? Und werden nicht Allmachtsphantasien weniger „Eliten“, im Zeitalter der (totalen) Digitalisierung und des aufkommenden Transhumanismus zum Schlussstein einer langen „Entwicklung“ bzw. Degeneration und Manipulation, die man uns möglicherweise als „Märchen vom Fortschritt und von der Zivilisation“ verkauft hat?
Zusammenfassend beschäftigte ich mich im Zeitraum von ungefähr vier Jahren intensiv mit der Freimaurerei, die sich zu den Werten der Aufklärung und des Humanismus bekennt und sich gerne als eine Wiege der Philantrophie darstellt. Weiter besichtigte ich en passant die „Loge aller Logen“ in London (Freemasons Hall), da ich zu diesem Zeitpunkt ein Seminar in London besuchte und dabei die Gelegenheit nutzte, einen Blick in die Mutterloge zu werfen. Nachdem ich schließlich einige Bücher zum Thema las, stellte in der Folge unterschiedliche Recherchen an, die mir die Augen für manch‘ profane Zusammenhänge und Querverbindungen in den Bereichen Finanz, Politik und Wirtschaft im kleinen, überschaubaren Österreich öffnete. Auf den geschichtlichen Spuren der Freimaurerei in Österreich wandelnd, entdeckte ich einige Plätze in und rund um Wien, die beeindruckende Zeugnisse einer langen Tradition ablegen und bis zu Zeiten des Franz Stephan von Lothringen (Ehemann von Maria Theresia) zurückreichen.
Da die Freimaurerei, wie viele (Geheim)gesellschaften, stark hierarchisch (militärisch) organisiert ist und nach dem „Need to Know-Prinzip“ arbeitet, bin ich überzeugt, dass gerade die große Mehrheit der „gemeinen Freimaurer“ der blauen Johannisgrade – in Abgrenzung zur Hochgradfreimaurerei mit ihren 33. Graden – , Menschen mit gutem Willen und hehren Zielen versammelt, die das Mysterium der sogenannten Tempelarbeit erleben und ernsthaft am „Bau des Tempel der Menschheit“ mitarbeiten (wollen). Ob allerdings viele Mitglieder des Bundes über Ursprung, Wirkung und Motive „des Systems“, der angewandten Rituale und der Symbolik, die zualleroberst dem „allmächtigen Baumeister aller Welten“, dem Demiurg, huldigt, tiefgründig Bescheid wissen, wage ich stark zu bezweifeln, nachdem aus meiner Wahrnehmung das wichtigste Prinzip derartiger Verbindungen – trotz aller Aufgeklärtheit – , jenes des „bedingungslosen Gehorsams“ zu sein scheint und eine Mitgliedschaft in der Bruderschaft ein Bund fürs Leben darstellt, welcher kaum aufgelöst werden kann. Über Parteigrenzen, Religionszugehörigkeiten und sogenannten sozialen Schichten hinausgehend vs. überwindend, schaffen es derartige Vereinigungen offenbar – wie auch als Nachfolge davon das etablierte Vereinsleben – eine Art Mikrokosmos im Makrokosmos der Gesellschaft zu bilden, der zumindest teilweise den sozialen Kit vs. Zusammenhalt der Gesellschaft bildet und nicht unbegründet den verklärten Eindruck einer Schattengesellschaft bis hin zur Schattenregierung vermittelt, um damit zwangsläufig regelmäßig Anlass zu Spekulationen, Gerüchten und Mythen gibt.
Historisch gesehen beruft sich die int. Freimaurerei auf die Gründerväter der mittelalterlichen Steinmetzbruderschaft und deren Bauhütten. Eine andere weit verbreitete Theorie besagt, dass sich der Bund der Freimaurer aus den vertriebenen Resten an Tempelritter bildetet, die nach dem jähen Untergang (Templerprozess) des einstig berüchtigten und mächtigen Ordens in Schottland und der eben erst gegründeten Schweiz Zuflucht fanden , um sich unter neuem Namen erneut zu formieren. Als weitere Wächter des templerischen Erbes kann der monastischen Arm der einstigen Templer, vor allem der Zisterzienser vs. Bernhardiner – aus der Wiege des ursprünglichen Templertums stammend – genannt werden. Auch wenn die offizielle Freimaurerei postuliert, dass die Freimaurerei am Beginn des 18. Jahrhunderts erstmalig in Erscheinung getreten ist, gibt es berechtigte Anzeichen und Verbindungen, die auf Freimaurer schließen lässt, welche bis zurück ins 14. Jahrhundert datiert werden können. Das Thema der Tempelritter ist ja eine ähnlich umstrittenes und von Legenden behaftetes Gebiet, wie jenes der Freimaurer. Gerade die „Legende der Templer“ ist eine unerschöpfliche Quelle für immer neue Bücher und Filme und damit verbundenen Theorien und historischen Erkenntnissen. Unbestritten dürfte aber sein, dass die Tempelritter erstmalige globale Strukturen schufen, um Reichtümer und Macht maximal zu bündeln. Damit gelten sie vielfach als geistige Väter des heutigen int. Finanz- und Schuldgeldsystems. Begriffe wie „Kampf der Kulturen“, „heiliger Gral“, „Bundeslade“ sowie „Baphomet“ aber auch die Idee einer „Weltregierung“ sind untrennbar mit den „Chevaliers des Templiars“ verbunden und bilden unter Anderem jenen Stoff aus dem der Mythos stetig genährt wird. Andere Quellen berichten wiederum, dass die Societa de Jesu (besser bekannt als Jesuiten) bei der Gründung der Freimaurer ihrer Hand im Spiel hatte…
Abschließend hat mir mein „Ausflug in die Welt der Freimaurerei“ wiedereinmal aufgezeigt, dass kaum etwas so ist, wie es vordergründig zu sein scheint und gesunde Neugierde nicht immer nur Antworten und Erkenntnisse bringt, sondern auch viele Fallstricke und mitunter noch größere Verwirrung bringen kann….